Österreich, ein Land der Berge, Land der Strome und wohl kaum eine Wildart, abgesehen von dem wenigen Steinwild, wird wohl so mit unserer BergLandschaft in Verbindung gebracht wie der „Gams“.
Eine durch die FFH Richtlinie im Anhang 5 geschützte Wildart, wo wir Jäger und Jägerinnen die Verantwortung bekommen und übernommen haben, auf dessen Erhalt und Struktur zu achten.
Aber funktioniert das immer und überall?
Unsere Bergwildart Nummer 1 ist mit vielen Faktoren konfrontiert, welche wir nur zum Teil beeinflussen können.
Deswegen ist es umsomehr unsere Aufgabe an den Stellschrauben behutsam zu drehen, damit uns dieses edle Wild noch über Generationen in nachhaltig nutzbaren Beständen erhalten bleibt.
Klimaerwärmung, Lawinen, Adler und andere Beutegreifer, Krankheiten wie Gamsblindheit, Lippengrind und Räude, Verdrängung aus den Wintereinständen durch Skipisten, sowie der Tourismus im allgemeinen. Aber auch falsche Bejagung durch oft falsche und übertirebene Begehrlichkeiten kann die Struktur und den Erhalt gefährden.
Das Ansprechen
Gams richtig anzusprechen setzt Erfahrung und somit Können vorraus, also zuallererst viel Zeit im Revier, einen guten Lehrherrn und somit die Möglichkeit zu üben.
Abgesehen von der Brunft, ziehen Böcke meist alleine oder in Kleinstgruppen ihre Fährte.
Gaisen gehen mit ihrem Nachwuchs zumeist in grösseren Gruppen, also Rudeln.
Angesprochen wird durch eine Kombination aus Eindrücken und Eigenschaften, da unterscheidet sich wieder maßgeblich der Sommer von der Wintergams.
Körperstatur, Zügel, Farbe der Decke, Hauptform, die kleinen schwarzen Dreiecke unter den Krucken, die Krucken selber, der Pinsel im Winterhaar beim Bock und am besten, wenn ich mit einem Leistungsstarken Spektiv den „5er“ erkennen kann, also den Altersring, ab wann der männliche, aber auch die weibliche Gams nur mehr Millimeter Ringe schieben.
Beim Gams reden wir ja nicht von einer
Altersschätzung sondern einer Altersbestimmung, da bekannterweise die Trophäe
wie bei Reh und Hirsch nicht jährlich abgeworfen werden.
Jedes Altersjahr
bei der Gams, Bock wie auch Gais, ergibt einen klar zu erkennenden Ring.
Die Sterblichkeitsrate
Das Gamswild unterliegen einer hohen Mortalitätsrate, welche sich stark unterscheidet zwischen Kalkgams und Urgesteingams, bzw. Waldgams.
Bei Ersterem kann man jährlich und im Durchschnitt nur etwa 7% des Winterbestandes durch Jagd, also Abschuss nutzen, beim Wald und Urgesteingams etwa 10-12%, da dieser bessere Möglickeiten der Überwinterung hat.
Diese faszinierende Wildart überlebt durch eine intakte Alterstruktur, dessen Hauptaufgabe bei der Jagd liegt, diese zu erhalten und zu fördern.
Was heisst das im konkreten?
Nur die alten Gaisen kennen die harten, Schneereichen Winter und die Möglichkeiten und Gebiete, diese zu überleben. Sogenannte Leitgaisen führen ihre Rudel bereits vor Wetterumschwung in sicherere Einstände.
Im Kalkgebirge sind dies meist steile, felsige, tiefere und südseitige Regionen, wo der Schnee schneller abrutscht, das Risiko liegt dann jedoch meist in den sehr lawinengefährlichen Gebieten.
Im Urgestein überwintern die meisten Gams ganz oben auf den Schneeabgewehten Berggraden, wo durch Schneeverfrachtung zwar das Klima rau ist, aber immer genügend Nahrung auf den flachen Almen zu finden ist.
Eine gute Altersstruktur bei den Böcken, also genügend reife Stücke, sorgt für eine ruhigere Brunft, da die Rangordnung schnell hergestellt ist. Wenn nur junge Böcke im Revier sind, so jagen sich diese bergauf und bergab bis zur totalen Erschöpfung. Nachdem die Brunft bei den Gams bekanntlich im Frühwinter stattfindet, müssen nach den kräftezehrenden Brunftkämpfen, noch genügend Fettreserven übrig sein, um einen langen Winter mit karger Nahrung zu überstehen.
Es ist also unsere vordringliche Aufgabe, jedes Jahr, alle Faktoren aufs neue abzuschätzen um die Ernte auf den verbleibenden Bestand abzuschätzen. Besonders harte Winter wie im Jahre 2018-2019 fordern eine Enthaltsamkeit im Abschuss.
Der gewünschte Schulterschluß
Gamswild geht zu keiner Fütterung und es obliegt ihnen und ihrem Instikt, die harten Monate im Jahr zu überstehen. Sei es durch grosse Schneemengen, aber auch durch extreme Hitze im Sommer und ganz speziell im Spätherbst, wenn sie bereits die Winterdecke angelegt haben, aber die Sonne und der Föhn tagelang Temperaturen von über 20 Grad, auch im Gebirge herschen.
Jedes Wild kann mit Extremen reltiv gut umgehen, aber da geht es um drei ganz entscheidenen faktoren: RUHE – RUHE und noch einmal RUHE!!
Der Schulterschluss zu Tourismusverbänden, aber auch die Aufklärung und das Gespräch mit vielen Einzelpersonen kann zum Überleben einzelner Gamsbestände beitragen.
Wir dürfen nicht vergessen das die meisten Gebirgsregionen vom Tourismus leben und die Ideen für immer neue Sportarten und Freizeitbeschäftigungen nehmen nicht ab.
Und wo es dem Wild gefällt, da gefällt es natürlich auch dem Menschen.
Offene südliche Lagen, bei blauem Himmel und reichlich Schnee, ziehen Wild und Mensch magisch an.
Vielen Bergtouristen ist es gar nicht bewusst, was man mit einem falschen Verhalten auslösen kann.
Jegliches Wild, und speziell der Gams im Hochgebirge, fahren ihren Organismus auf ein Minimum an Verbrauch herunter. Dies sichert das Überleben in langen Wochen und Monaten, wenn das kalte Weiss unsere Berge überzieht.
Werden die Gams in dieser Zeit, bei hohen Schneelagen oft gestört, somüssen sie extrem kräftezerrend flüchten und am Ende des langen Winters reichen die Reserven nicht mehr aus um das erste Grün und die Schneeschmelze zu erleben.
Es ist nicht das Ansinnen der Jagd den Zugang ins Gebirge generell
zuverbieten. Ganz in Gegenteil, wir müssen aufklären, erklären und wenn
irgendwie möglich die Wintereinstandsgebiete als Habidatschutzgebiete
ausweisen.
Also eine Art Ruhezone, wie wir sie einerseits in der Schweiz finden, aber sich
auch andererseits natürlich die Jgadausübungsberechtigten daran zu halten
haben.
Zum Nachdenken
Ich habe zu Beginn dieses Artikels über falsche Begehrlichkeiten der Jägerinnen und Jäger geschrieben.
Jeder der sich im Hochgebirge eine Jagd pachten kann, hat natürlich den Wunsch auf Gams zu jagen. Ein Berg kann in mehrere Jagdreviere geteilt sein und es liegt nahe, das jede Jagd das selbe Gamsrudel als „Seinen“ Bestand angiebt, da diese wildart migrierend ist, das heisst, je nach Jahreszeit und Wetter, sich an verschiedenen Standorten aufhält.
Viele Verpächter wollen natürlich auch den Wünschen der Gäste nachkommen und so kommt es nicht selten vor, dass Gamsbestände zu scharf bejagd werden.
Wenn die Struktur eines Bestandes zerstört ist,kann es auch ohne menschlichen einfluss schnell berab gehen.
Ich wage fast zu behaupten, dass die besten Rot-und Gamswildreviere in Österreich, ALLE Berufsjäger geführt sind.
Der Berufsjäger hat die Ausbildung und die Erfahrung, das „grosse Ganze“ zu erkennen.
Leider gibt es aber auch Reviere, wo das Gamswild als Schadwild gesehen wird und Schonzeiten aufgehoben werden.
Es ist ja selbstverständlich das der Kalkgams im Wald überwintern muss und somit sicher der eine oder andere Baum zum Überleben dieser Wildart leiden muss.
Schonzeitaufhebungen im grossen Stil, wie sie leider in Revieren in den Steirischen Wildalpen stattfinden, oder ganz besonders in Bayern und dort sogar im Nationalpark Berchtesgaden, sehe ich als ein Verbrechen an dieser wWldart an.
Nicht umsonst haben schon vor vielen Jahrzehnten erfahrene Wildökologen, Schuss- und Schonzeiten festgelegt.
Denn es gibt auch andere Möglichkeiten zu Schaden gehendes Wild aus Flächen zu vertreiben als das Erlegen in der Notzeit.
Nach ein paar Jahren der Anstregung sind dann eh die Jungwaldbestände wieder gesichert.
Im Nationalpark Berchtesgaden werden 2/3 der Gams in der Schonzeit erlegt, weil sie erst bei Schnee von den Almen in die bewaldeten Hänge ziehen um dort zu überwintern.
Ja, der Mensch ist das größte Raubtier, auch dann wenn wir die Intelligenz haben sollten, auf die Bedürfnisse des ganzen öÖkosystems einzugehen. Scheinbar ist es nicht so.
Diese Zeilen sollen ein Aufruf,ein Apell sein, unsere Gams nachhaltig zu betrachten.
Nicht als Schädling des Waldes, nicht als reines Wirtschaftsobjekt, nicht als Lust an der seltenen Trophäe.
Speziell am Gams wird man uns messen können, wie wir Klimaerwärmung, Tourismus und nachhaltige Nutzung unter den jagdlichen Hut bringen können.
Autor: Elia Schneeweiß