„Wir wollen nicht das Wegerl im Wald, nein, wir wollen den ganzen Wald“ – solche „Forderungen“ werden seitens militanter Mountainbikerbewegungen nicht nur zum Credo erklärt, sondern im Zuge neueröffneter Mountainbikestrecken lauthals hinaus posaunt; geradezu eine Verhöhnung derjenigen, die sich um die Schaffung toller Strecken verdient gemacht haben, aber auch der Grundeigentümer, die damit einhergehende Einschränkungen ihres Eigentumes in Kauf nehmen.
Während unterstellt werden kann, dass sich ein Großteil der Biker gesetzeskonform verhält, sind es ein paar handvoll Extreme, die zum zivilen Ungehorsam aufrufen, mit Vereinsgeldern sinnlose, mutwillig anmutende Zivilprozesse für illegal fahrende Biker finanzieren und durchaus geschickt die Medienlandschaft und soziale Foren nutzen, um Staub aufzuwirbeln.
Im Speziellen ist es der Verein „upmove“, finanziert durch Mitgliedsbeiträge, vor allem aber Spendengeldern, die erfahrungsgemäß dann umso reichlicher fließen, je mehr Wirbel geschlagen wird,der durch verschiedene Veranstaltungen, wie etwa sogenannte „Trutzpartien“ Aufsehen zu erregen versucht. Trotzen kommt bekanntlich von Schmollen und bedeutet beleidigt zu sein, da man weiß, dass man sonst „seinen Kopf nicht durchsetzen kann“.
Dabei kann und soll dem Mountainbiken ein sportlicher Erholungswert nicht abgesprochen werden. Klar ist jedoch, dass man es nicht mit dem Skifahren beispielsweise vergleichen kann. Hier wissen die Pistennutzer genau welche flächen sie befahren dürfen und welche eben nicht, ganz nach dem Motto „Respektiere deine Grenzen“. Dieser Grundsatz hat sich scheinbar noch nicht zu allen Freizeitnutzern durchgerungen.
Wie stellt sich die Situation aber nun wirklich dar?
Die Fakten
Dabei ist die Rechtslage an Eindeutigkeit ohnehin kaum zu überbieten:
Einschlägig ist das Forstgesetz, ein in der Ära Kreisky durchgeboxtes Bundesgesetz, mit dem massiv in die Rechte der Waldeigentümer eingegriffen und praktisch – politisch damals hochgejubelt – die Betretung des Waldes für jedermann erlaubt wurde.
Demnach darf grundsätzlich jedermann gemäß § 33 Forstgesetz den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.
Gleichzeitig – scheinbar um Missverständnisse auszuschließen – genauestens geregelt wird aber auch, dass jede darüber hinausgehende Benutzung wie das Befahren oder Reiten nur mit Zustimmung des Waldeigentümers bzw. mit Zustimmung des Erhalts der Forststraße zulässig ist.
Es wird durch den völlig unmissverständlichen Gesetzestext klargestellt, dass selbst das Befahren einer Forststraße mit Fahrrädern, geschweige denn des Waldes selbst natürlich an die Zustimmung des Waldeigentümers bzw. Straßenerhalters gebunden ist.
Dabei bildet jeder Verstoß gegen das Befahren des Waldes eine Verwaltungsübertretung, die gemäß § 174 Abs 3 lit a Forstgesetz mit einer Geldstrafe bis zu € 3.630,00 oder einer Freiheitsstrafe bis zu 2 Wochen bedroht ist.
Entgegen landläufiger Meinung bedarf es dazu keine gesonderten Beschilderungen, wie etwa eines Fahrverbotes, vielmehr geht der Gesetzgeber zu Recht davon aus, dass derjenige der sich im Wald bewegt, wissen muss,was er dort tun darf und was verboten ist.
Daneben drohen aber auch zivilrechtliche Konsequenzen.
Der Oberste Gerichtshof hat in einer richtungsweisenden Entscheidung ein solches Recht auch dem Jagdpächter eingeräumt, wobei er sich in diesem Urteil mit dem Mountainbiken auch inhaltlich durchaus nachvollziehbar auseinander gesetzt und klargestellt hat. Es geht hervor, dass Mountainbiken grundsätzlich eine Wildtier-störende Wirkung beinhaltet und dem Jagdpächter zur Hege des ihm anvertrauten Wildes, zum Schutz gegen Schädigungen durch Extremnutzungen, wie etwa dem Mountainbiking,das Recht der Klagsführung einräumt.
Die Argumente der Befürworter
Dabei gibt es eine Reihe von Argumenten, an welchen sich Befürworter bedienen, Stichhaltiges ist dabei kaum zu finden:
„Wenn die Wanderer das dürfen, so wollen auch wir den ganzen Wald nutzen“ – Wie schon der OGH erkannt hat leiden Wildtiere an den hohen Geschwindigkeiten, wie etwa beim Downhillen. Das Wild findet keine geregelten Ruhezeiten mehr, was sich auch auf den Energiehaushalt auswirkt. Jedoch steht leider hie das private Vergnpgen im Vordergrund!
„Das Mountainbiken verbindet einen hohen sozialen Faktor“ –
na und ob dem wohl beim Biken auf einer zugelassenen Strecke nicht so wäre?
Oder weiters?:
„Nachdem Forststraßen gefördert werden, wollen wir sie auch benutzen dürfen“
– aber – siehe oben – „man will ja den ganzen Wald“ oder soll das jetzt heißen, dass jeder jetzt auch jedes mit öffentlichen Mitteln errichtete Privatwohnhaus nutzen darf (auf die absurde Idee kommt man ja wohl kaum).
Wesentlich schwerer und substanzieller wiegen da schon die Argumente der Grundeigentümer und Jagdausübungsberechtigten:
Immerhin hat man nicht nur das Forstgesetz hinter sich, sondern auch die Verfassung in Form des absolut geschützten Eigentumsrechtes (Artikel 5 Staatsgrundgesetz),das nur in sachlich gerechtfertigten Fällen beeinträchtigt werden darf.
Nimmt man es nun aber mit unserer Verfassung, also den Grundpfeilern unserer modernen Demokratie, ernst, so können die Bestrebungen jener Biker, die dann nichts anderes verlangen, als gegen den Willen der betroffenen Grundeigentümer fremden Grund und Boden zu benutzen, nur kläglich zum Scheitern verurteilt sein.
Die Wanderer
Auch der viel zitierte Vergleich mit den Wanderern hinkt!
Dieser verfügt nicht nur über das gesetzliche Terrain, durch seine Art der Fortbewegung, ist er für das Wild auch berechenbarer. Das Tier stellt sich – wenn überhaupt – ein und beobachtet den vorbeiziehenden Wanderer. Rast hingegen ein Biker jenseits der 60 km/h herab, wird dieser vom Tier viel später erfasst, hat den Überraschungsmoment auf seiner Seite, das Tier flüchtet instinktiv. Fährt er dann auch noch quer durch den Wald („Wir wollen ja den ganzen Wald“), so begibt er sich auch in dessen Einstände. Chaotische Zustände aus Sicht der Tierwelt, aber auch für den Waldeigentümer sind zweifellos die Folge.
Gar so reibungslos ist im Übrigen das Verhältnis zwischen Bikern und Wanderer auch nicht. Umfragen haben gezeigt, dass die Mehrheit der erholungssuchenden Wanderer den Mountainbiker im Wald ablehnen. Selbst der Wanderer fühlt sich durch daherrasende Mountainbiker gefährdet!
Umso überraschender war es, als sich der Präsident des Österreichischen Alpenvereins Dr. Andreas Ermacora medienwirksam für eine Öffnung des Waldes auch für Biker ausgesprochen hat. Was der leider schon verstorbene Vater desselbigen, Herr Univ.Prof. Dr. Felix Ermacora, einer der begnadetsten Verfassungsrechtler, den unser Land hervorgebracht hat, der aber vor allem auch als einer der glühendsten Verfechter der Grund- und Menschenrechte, also auch des Eigentumsrechtes, gegolten hat, dabei empfinden würde, ist hier gar nicht auszudenken.
Eine Welle der Empörung und massenweise Austritte aus dem Verein vor allem aus Kreisen der Jägerschaft waren die Folge.
Die Jäger:
Für die Jägerschaft gilt es bei Bedarf zu reagieren:
Denn der Jäger hat das Gesetz auf seiner Seite!
Ein beeidetes Jagdaufsichtsorgan ist im Rahmen seiner Befugnis durchaus berechtigt, einen illegalen Biker anzuhalten und zur Ausweiskontrolle aufzufordern. Oft reicht schon der freundliche Dialog, teilweise ist den Bikern wirklich nicht bekannt, dass sie unbefugt fremdes Gebiet befahren. In diesen Fällen lässt sich Sachliches oft kurzfristig klären.
Problematisch wird es hingegen bei den „Hartgesottenen“, besonders bei jenen, die glauben, bewusst Gesetze brechen zu können.
Auch hier ist die Palette der Reaktion breit gefächert:
Von aggressivem Auftreten, aufgeheizter Stimmung hin bis zu inkompetenten Antworten wie „Ich habe geglaubt, die Fahrverbotstafel vor der Forststraße beziehe sich nicht auf die Forststraße, sondern auf den Wald“ bis hin zur Ignoranz, alles ist möglich.
In derartigen Fällen ist es dann schon gelegentlich angebracht, mit Unterlassungsklage vorzugehen oder Anzeige zu erstatten.
Wehret den Anfängen
Mag die gesetzliche Situation – sogar verfassungsrechtlich gedeckt – auch noch so klar sein, mag die Zahl jener, die lauthals schreien und zum ultimativen Gesetzesbruch auffordern, noch so klein sein, so darf die Hartnäckigkeit der Betroffenen nicht unterschätzt werden.
„Steter Tropfen hüllt der Stein“, darf vor allem aber die Rückgratlosigkeit einzelner Politiker – so erst jüngstgeschehen bei der von militanten Tierrechtsaktivisten initiierten Diskussionen über Gatterjagd in Niederösterreich, welche obwohl zum Teil selbst praktizierende Jäger, schon beim kleinsten Gegenwind und vor allem dann „umfallen“, wenn die Chance besteht, durch populäre Maßnahmen, weitere Stimmen zu ergattern.
Populistisches Schreien hilft, während die Jägerschaft ebenso wie die Grundeigentümer oft nur aus der Defensive heraus agieren und sich von der eigenen Vertretung im Stich gelassen fühlen, wenn – wie zuletzt geschehen – etwa ein renommierter ehemaliger Politiker und nunmehriger Landesjägermeister medienwirksam sogar mit dem grünen Präsidentschaftskandidaten auftritt, der plötzlich zum Liebhaber der Jäger mutiert – aber wahrscheinlich nur für diejenigen, die ihn wählen und auch nur solange, bis die Wahl vorbei ist!
Erklärtes Lebensziel des Obmanns des besagten Vereines ist es, das freie Mountainbiken im gesamten Wald durchzusetzen. Dass er dafür auch wirklich kämpfen wird, daran besteht kein Zweifel!
Fazit:
Klar ist, dass das Mountainbiken im Wald ohne Zustimmung des Grundeigentümers oder des Forststraßenerhalters verboten ist! Geschützt wird dies auch durch die tragende Säule des verfassungsgesetzlich verankerten absolut geschützten Eigentumsrechts.
Ebenso Faktum ist jedoch, dass durch zunehmende Trendsportarten versucht wird, in diese Rechte einzugreifen, ja zum Teil sogar das Recht zu brechen.
Ebenso steht jedoch fest, dass es bereits derzeit in Relation zu der dieser Sportart ausübende Anzahl von Personen mehr als hinreichend genehmigte Mountainbikestrecken gibt, deren Anzahl aus touristischen Gründen ohnehin sukzessive zunimmt. Entsprechende Disziplin sowie die Einhaltung von „Fair-Play-Regeln“ vorausgesetzt, gibt es dagegen nichts einzuwenden.
Aus verfassungsgesetzlichen Gründen aber auch aus Gründen des Eigentumsschutzes sowie aus wildökologischen Gründen ist die gänzliche Freigabe des Waldes für Mountainbiken – gegebenenfalls werden andere Sportarten folgen – weder passend noch zielführend. Soferne sich die Vertreter der Jägerschaft sowie der Grundeigentümer jedoch nicht entsprechend organisieren und geeint auftreten, werden diese immer mehr an Terrain im Kampf um den Eingriff in die eigenen Rechte verlieren!
Dr. Walter Anzböck
Der Autor ist Rechtsanwalt in Tulln und befasst sich intensiv mit Jagdrecht. Er hat schon einige Verfahren erfolgreich gegen rechtswidrig fahrende Moutainbiker gewonnen.