Das Reiseziel Türkei wird normal mit einem Mittelmeer oder Schwarzem Meer Strandurlaub oder einem Städteausflug nach Istanbul oder Ankara in Verbindung gebracht. Für einen Jäger bedeutet Türkei aber meistens Bezoar Steinbock, hochkapitale Keiler, Konya Schaf, anatolische Gams und anatolischen Rothirsch.
Den Steinbock im Anblick
Genau eine dieser in der Türkei zu bejagenden Wildarten, der Bezoar Steinbock steht auf der Wunschliste meines Kunden aus Russland. Professor Sard Sardarov möchte seine weltweit bereisten Ziele um ein Land erweitern und die Wahl fällt dieses mal auf die Türkei und den Bezoar Steinbock den er noch nicht bejagt hat. Da ich ihn seit langen kenne sind mir seine Anforderungen bekannt und somit ist es ein leichtes für mich, das richtige Revier und die richtige Unterkunft für ihn auszuwählen. Für mich persönlich sind die besten Termine für diese Jagd immer Mitte November bis Anfang Dezember und der Monat März. Nach Rücksprache mit meinem Kunden und mit meinem Partner in der Türkei haben wir uns auf die Jagd Mitte März geeinigt.
Auf in´s Abenteuer
Die Anreise mit Türkisch Airline ist sehr einfach und wir erreichen nach einem kurzen Zwischenstopp in Istanbul unseren Endflughafen Adana. Die gleichnamige Stadt und auch Provinz liegt im Süden des Taurus Gebirges zirka 40 Kilometer vom Mittelmeer entfernt.Von dort brauchen wir nur mehr eine gute Stunde Autofahrt bis wir unser Gästehaus erreichen. Nach dem beziehen unserer Zimmer treffen wir uns zum Abendessen und lassen uns von den traditionell türkischen kulinarischen Genüssen verwöhnen. Schon während des Abendessens wird der Plan der nächsten Tage besprochen.
Wie üblich steht am ersten Jagd Tag das Probeschiessen des mitgebrachten Jagdgewehres am Programm. Sard hat sich für eine Gewehr Blaser R8 im Kaliber 338 Lapua mit einem Zielfernrohr March 5 – 40×56 entschieden welches er bei dieser Steinbockjagd führen wird. Danach soll es bereits ins Revier gehen. Die Anreise war zwar nicht sehr strapaziös, aber trotzdem lassen wir den Abend nicht sehr lange ausklingen um ausreichend Schlaf zu finden und fit für unseren ersten Jagd tag zu sein. Der Platz zum Probeschiessen ist nur eine knappe viertel Stunde von unserer Unterkunft entfernt und dadurch brauchen wir auch nicht all zu Zeitig losfahren. Gestärkt mit einem herzhaften Frühstück verlassen wir gegen 9 Uhr das Gästehaus. Sard hat bereits vor dieser Gebirgsjagd fleißig zu Hause am Schießstand trainiert hat und überzeugt uns mit seiner Schussleistung auf 100, 200 und 300 Meter.
Jeweils eine Dreiergruppe wird geschossen und das Trefferbild passt perfekt. Voller Selbstvertrauen geht’s auch schon ins Jagdrevier von meinem Partner.
Das Revier wartet
Der Einstieg in das 25.000 Hektar große Revier liegt auf etwa 900 Meter Seehöhe und die höchsten Gipfel erheben sich auf über 2.500 Meter vor uns empor. Unser Jagdführer Hassan fährt mit uns an verschieden Stellen um uns das Revier näher zu erklären. Das Taurus Gebirge ist bewaldet und schroff felsig mit teilweise mehreren hundert Metern senkrecht hochragenden Wänden. Immer wieder Wasserfälle die sich über diese Wände in die Tiefe stürzen und weit unten in der Sohle der Schluchten sich in Wildbächen vereinen und sich den Weg ins Tal bannen. Die dominante Baumart ist hier eindeutig die Kieferaber auch immer wieder Eiche, Nussbaum und Wachholder sind vor allem in den unteren Lagen zu finden. Je höher es raufgeht umso häufiger trifft man auf die Zeder. Die Forststraßen sind bestens ausgebaut und sehr gepflegt. Mein Partner hat ganzjährig zwölf Mitarbeitereingestellt, die sich mit der Hege dieses Revieres beschäftigen und das kann man auch deutlich erkennen.
Das Alter muss passen
Bei einem kleinen Plateau machen wir halt. Der ideale Platz für unsere Mittagsjause. Während wir uns stärken erzählt Hassan meinem Jagdgast warum hier in diesem Revier seit Jahren die stärksten Trophäen von Bezoar Steinböcken in der Türkei erlegt werden. Der Grund ist relativ einfach erklärt. Hier werden nur Böcke ab dem zehnten Lebensjahr zum Abschuss freigegeben. Dadurch ergibt sich im langjährigen Schnitt eine durchschnittliche Schlauchlänge von mehr als 120 cm. Jedes Jahr werden aber immer einige Steinböcke mit mehr als 130 cm langen Hörnern erlegt. Der Querschnitt des Horns ist nicht wie bei den meisten Steinbockarten rundlich sondern weist eher eine längliche Oval Form auf. Die Decke vom Bezoar Steinbock ist je nach Jahreszeit bräunlich goldig bis grau gefärbt mit einem dunklen Aalstrich und einer dunkel gefärbten Querbinde die hinter dem Träger rundherum geht. Das Körpergewicht eines alten Bockes kann bis zu 80 Kilo betragen.
Bei diesen Erklärungen vergeht die Zeit wie im Flug und es wird Zeit uns auf den Rückweg zu machen. Wir wollen vor dem Sonnenuntergang noch zurück in unserer Unterkunft sein.
Warten und hoffen
Am Abend gibt es dann eine gute und schlechte Nachricht. Der Wetterbericht für den morgigen Tag sieht nicht gut aus. Es soll bereits in der Nacht zu regnen beginnen und den ganzen Tag über durchregnen. Die gute Nachricht dabei ist, dass bei diesen Bedienungen die Steinböcke weiter herunter ziehen und Schutz in den Wäldern suchen. Hassan hat fünf seiner Leute an verschiedenen Plätzen positioniert um die nach unten ziehenden Böcke zu beobachten und zu verfolgen. Sie werden bereits die Nacht in verschieden Jagdhütten im Revier verbringen um noch vor Sonnenaufgang startklar zu sein. Für uns bedeutet es einen entspannten Tag im Gästehaus zu verbringen der sich als sehr kurzweilig herausstellt. Jeder von uns hat genug Jagdgeschichten zu erzählen die alle anderen gerne aufmerksam lauschen.
Der dritte Jagd tag ist angebrochen und der Himmel hat aufgeklärt. Schon in der Früh hat Hassan die Meldungen seiner Leute bekommen die auch die zweite Nacht im Berg verbracht haben. Zwei von seinen Berufsjägern haben auch die von uns erhofften Anblicke. Jeweils eine dreier Gruppe von Steinböcken wurde ausgemacht. Über Funk bekommt Hassan die genauen Standorte und er entscheidet sich für die Gruppe die seiner Meinung nach den etwas leichteren Anstieg hat und wo auch der stärkste Bezoar gesichtet wurde. Eine knappe Stunde mit dem Auto bis wir den Einstieg erreichen, wo auch bereits der Berufsjäger von Hassan wartet. Nach einer kurzen Einweisung geht es auch schon los.
Der 6 Stunden Marsch
Unser Ziel ist ein kleines Plateau das zwischen Felsen und Bäumen liegt und mit frischem Gras bewachsen ist. Dort hat der Berufsjäger gestern bereits beim Regen die Steinböcke beim äßen beobachten können und er ist sich sicher sie werden auch heute wieder dort einziehen. Unsere Pirsch beginnt zuerst mit einem Abstieg und wir überqueren über einen gefällten Baum einen kleinen Wildbach. Danach liegen 800 Höhenmeter vor uns die es heißt zu erklimmen. Bewundernswert wie Sard trotz seiner 74 Jahre diese Strapazen bewältigt. Die zeitliche Koordinierung hätte nicht besser sein können. Nach knapp 6 Stunden erreichen wir den Gegenhang des besagten Plateaus. Wir suchen uns den idealen Platz für eine gute Gewehrauflage und mit reichlich Sichtschutz. Die Entfernung beträgt 340 Meter wo wir die Steinböcke erwarten. Jetzt heißt es warten. Und genau zur selben Zeit wie Gestern ziehen diese drei Böcke ein. Nur keine Unruhe aufkommen lassen. Efkan, der Berufsjäger weis, dass die Bezoar hier sich einige Zeit aufhalten werden, falls sie nicht gestört werden. Der Wind ist perfekt und wird unsere Anwesenheit nicht verraten. Es ist genug Zeit um die drei Böcke genau anzusprechen. Es ist ein Bock mit 11 Jahren und die zwei anderen sind 9 Jahre alt.
Die Sekunden der Entscheidung
Hassan und sein Team kennen ihr Revier bestens und dadurch wissen sie auch genau um welche Böcke es sich hier handelt. Unser 11 jähriger steht jetzt ganz frei in der Mitte. Sard ist bereits seit längerem in Anschlag und verfolgt den Steinbock durch das Zielfernrohr. Hassan gibt ihm das ok. Der Rest ist Routine. Entsichern, Luft anhalten und danach bricht der Schuss. Der Bock zeichnet sofort, flüchtet noch einige Meter nach vorne und stürzt danach 30 Meter über den Abhang in die Tiefe. In einer Mulde zwischen Felsbrocken und einem Baum kommt er zum liegen. Von unserem Standort ist eindeutig zu erkennen, dass er tödlich getroffen ist. Hassan und Efkan machen sich bereit den Steinbock zu bergen. Es dauert fast eine Stunde bis sie mit dem 80 Kilo schweren Bezoar Steinbock wieder zurück sind. In diesem Gelände ist die Wildbrettbergung eine wahre Herausforderung die von Hassan und Efkan bravourös gemeistert wurde.
Die strahlenden Augen von Sard und der Zufriedene Gesichtsausdruck aller beteiligten erfüllt mich ein bisschen mit Stolz. So soll eine ethische und seriöse Jagd sein. Neben all der Anstrengung und dem Zusammenspiel von Jagdführer, Berufsjägern und natürlich der Schussleistung des Jägers ein so altes und reifes Stück zur Strecke bringen ist ein weiterer Beweis wie wichtig nachhaltige Jagd ist.
Abschließend kann ich allen die zu diesem Jagderfolg beigetragen haben aber besonders Sard ein kräftiges Weidmannsheil zu wünschen und freu mich bereits auf das nächste Jagdabenteuer das ich mit ihm bestreiten werde.